pro.log zu „Biedermann und die Brandstifter“

Den gut besuchten pro.log zu „Biedermann und die Brandstifter“ am 27.10.2024 eröffnete Heike Brandstädter mit einem konzisen, aber gehaltvollen Vortrag, in dem sie psychologische, sprachliche und philosophische Interpretationen miteinander in Beziehung setzte. Als Dreh- und Angelpunkt diente das berühmte Wort Sigmund Freuds: „Das Ich ist nicht Herr im eigenen Haus“. Danach könnte Biedermann als eine Art Anti-Faust gelesen werden, die Brandstifter als seine mephistophelisch-dunkle Seite. Der eigentliche Skandal des Stückes rührt daher, dass das Böse in Gestalt der Brandstifter nicht irgendeine Begründung erfährt, sondern Max Frisch das grundlos-Böse vorführt – eine Vorstellung, die wir (gerade heute) nicht ertragen können.

Der Vortrag bot viel Stoff für die anschließende, von Renate Schwalb moderierte Diskussion. Die Dramaturgin Lea Seiz, die Schauspielerinnen Kristina Lotta Kahlert (als Babette Biedermann) und Sarah Siri Lee König (als Schmitz) trugen Erhellendes über Erarbeitung des Stoffs und der Rollen bei. Das Publikum bereicherte die Diskussion mit Neugier und kritischen Fragen.

pro.log zu „Nice“ von Kristo Śagor

Wer sich am 20. Oktober um 11 Uhr zu dem Stück „Nice“ ins Theaterfoyer begeben hatte, wurde mit einem überaus lehrreichen Einblick in das Entstehen eines Theaterstücks belohnt. Der Autor ließ uns am Entstehungsprozess des Stücks teilhaben, wie er, ausgehend vom Auftrag ein „nicht moralisierendes Stück über Gaming“ für ein Publikum ab 14 Jahren zu schreiben, eigene, aber auch fremde Erfahrungen sammelte und so zu einem großen Themenkreis kam, der das zur Sprache bringt, was Jugendliche von heute bewegt, beschäftigt, belastet. Dabei gelang es ihm aber auch zu zeigen, wie man aus scheinbar ausweglosen Situationen herauskommen kann. Ein Schlüsselwort ist „einander zugetan sein“ und dies ist es, was Licht in die düsteren Momente bringt.

Doch es ging nicht nur um den kreativen Prozess des Schreibens, sondern auch darum, wie der Text in lebendiges Spiel umgesetzt wird. Dazu konnten uns die Dramaturgin Romana Lautner und der Schauspieler Julius Engelbach viel erzählen. Lautner brachte vor allem die Perspektive der Regie ein, die vor der Herausforderung stand, die von Śagor bereitgestellte stoffliche Überfülle zu bändigen und für die Zuschauer verdaulich zu machen. Engelbach berichtete, wie er die darzustellende Figur an sich als Person andocken lässt und ihr so Glaubwürdigkeit verleiht.

Das Gespräch der drei wurde von Renate Schwalb geschickt gesteuert. Ihre Eindrücke vom Stück, das nicht nur für Jugendliche, sondern auch für Eltern und Großeltern, überhaupt für alle, die Einblick in die Welt von Jugendlichen erhalten wollen, gedacht ist, brachten die Zuschauerperspektive ein.

pro.log zu: Im Menschen muss alles herrlich sein.

Der von Dr. Heike Brandstädter souverän moderierte pro.log bot viele Einsichten in den Stoff und in die Inszenierung.

Dr. Renata von Maydell schlug mehrere Schneisen durch das Dickicht von Buch und Inszenierung. Aus kultursoziologischer Perspektive ging sie mit Daten und Zahlen auf die „Kontingentflüchtlinge“ aus der Sowjetunion ein, zu denen auch die Hauptfiguren des Stückes gehören. Aus der Perspektive der Motivik arbeitete sie besonders die Funktionen des Blicks und des Sehens heraus, die eine zentrale Rolle für Geheimhaltungen und Geheimnisse im Roman spielen.  Sie beleuchtete schließlich die verschiedenen Facetten der Entwurzelung der Protagonisten, die keine Kommunikation zwischen den Generationen mehr möglich machen.

V.l.n.r: Dr. Heike Brandstädter, Lilian Prent, Alicia Bishoff, Meike Sasse, Dr. Renata von Maydell

Die Dramaturgin Meike Sasse berichtete von dem gewundenen Werdegang des Theaterstücks, an dem auch die Buchautorin mitgeschrieben hatte, und welche Ideen die Inszenierung leiteten. Sie erläuterte auch die Wahl des Bühnenbilds und der Kostüme. Es war erstaunlich, wie viele Interpretationen hierfür gefunden werden können.

Die beiden Schauspielerinnen, Lilian Prent als Edi und Alicia Bischoff als Nina, ließen das Publikum teilhaben an ihrem Zugang zum Stück und zu den Figuren. Wir erfuhren dadurch auch, dass zu Beginn der Proben eine Art Familienaufstellung gemacht worden war und die dabei entstandenen Emotionen ihnen einen tieferen Zugang zu ihren Rollen ermöglicht habe, als dies bei einer rein kognitiven Herangehensweise möglich gewesen wäre.

Eine Anmerkung aus dem Publikum, dass das Stück bei aller Qualität so übervoll erschien, dass es auch überfordern konnte, mündete in eine interessante Diskussion. In der Folge haben die Mitglieder des Ensembles viele Details des Stückes beleuchten, klären und damit noch besser verständlich machen können. Jetzt erst recht lohnt es sich, das Stück ein erstes, ein zweites Mal zu sehen.

Stammtisch am 1. Oktober im Costa del Sol

Sechzehn Theaterfreundinnen und -freunde trafen sich, alle erfreut, dass die Spielzeit angefangen hat. Eindrücke vom Theaterfest und der ersten Inszenierung wurden ausgetauscht, ebenso Erinnerungen an Inszenierungen aus früheren Zeiten. Es ist schon erstaunlich, wie viele Erinnerungen wach werden, welche Bilder in einem hochsteigen, wenn man sich gemeinsam erinnert.

Gerne begrüßten wir Eva Berger, die Nachfolgerin von Mela Breucker. Sie ist „unser“ direkter Draht zum Theater und wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit ihr.

Der nächste Stammtisch findet am 3. Dezember wieder im Costa statt.