Der von Dr. Heike Brandstädter souverän moderierte pro.log bot viele Einsichten in den Stoff und in die Inszenierung.
Dr. Renata von Maydell schlug mehrere Schneisen durch das Dickicht von Buch und Inszenierung. Aus kultursoziologischer Perspektive ging sie mit Daten und Zahlen auf die „Kontingentflüchtlinge“ aus der Sowjetunion ein, zu denen auch die Hauptfiguren des Stückes gehören. Aus der Perspektive der Motivik arbeitete sie besonders die Funktionen des Blicks und des Sehens heraus, die eine zentrale Rolle für Geheimhaltungen und Geheimnisse im Roman spielen. Sie beleuchtete schließlich die verschiedenen Facetten der Entwurzelung der Protagonisten, die keine Kommunikation zwischen den Generationen mehr möglich machen.
Die Dramaturgin Meike Sasse berichtete von dem gewundenen Werdegang des Theaterstücks, an dem auch die Buchautorin mitgeschrieben hatte, und welche Ideen die Inszenierung leiteten. Sie erläuterte auch die Wahl des Bühnenbilds und der Kostüme. Es war erstaunlich, wie viele Interpretationen hierfür gefunden werden können.
Die beiden Schauspielerinnen, Lilian Prent als Edi und Alicia Bischoff als Nina, ließen das Publikum teilhaben an ihrem Zugang zum Stück und zu den Figuren. Wir erfuhren dadurch auch, dass zu Beginn der Proben eine Art Familienaufstellung gemacht worden war und die dabei entstandenen Emotionen ihnen einen tieferen Zugang zu ihren Rollen ermöglicht habe, als dies bei einer rein kognitiven Herangehensweise möglich gewesen wäre.
Eine Anmerkung aus dem Publikum, dass das Stück bei aller Qualität so übervoll erschien, dass es auch überfordern konnte, mündete in eine interessante Diskussion. In der Folge haben die Mitglieder des Ensembles viele Details des Stückes beleuchten, klären und damit noch besser verständlich machen können. Jetzt erst recht lohnt es sich, das Stück ein erstes, ein zweites Mal zu sehen.