pro.log zu „Ein Sommernachtstraum“ mit Dr. Martin Windisch

Der letzte pro.log einer Spielzeit ist schon durch den Ort, an dem er stattfindet, etwas Besonderes. Wie auf Befehl hörte am Sonntag, dem 23.6., der Regen auf und so viele Besucher wie noch nie konnten auf den Rängen der Open-Air-Bühne Platz nehmen, um einem spannenden, erhellenden, profunden Vortrag über Shakespeares Sommernachtstraum zuhören.

Martin Windisch zeigte, wie viel Tragödie, wie viel Dunkles in dieser Komödie steckt. Ein Hauptmotiv sei das patriarchalische System, welches es Vätern, Herrschern, Männern überhaupt erlaubt, den Frauen jegliches Selbstbestimmungsrecht zu nehmen, ja über ihr Leben und ihren Tod zu bestimmen. Die zum Albtraum werdende Sommernacht sei voller Echos der zuvor entstandenen Tragödien Titus Andronicus und Romeo und Julia. Dass sich in den zwischenmenschlichen Beziehungen in den mehr als 400 Jahren seit Entstehung dieser Komödie wenig geändert hat, zeigen die toxischen Beziehungen zwischen den angeblich sich Liebenden, die Unterwerfungsrituale, zu denen z.B. Helena bereit ist. Die Beschimpfungen zwischen Hermia und Helena lassen an „modernes“ Mobbing denken, mit dem Zettel-Esel spielt Shakespeare auf die zu seiner Zeit mit dem Tode bestraften Sodomie an, ebenso wie auf die Taktik, Menschen durch „Vertierung“ zu entmenschlichen, eine Praxis, die bis heute nicht ausgestorben ist. So steckt der „Sommernachtstraum“ voller Anspielungen auf Zeitprobleme, die man mühelos auch als noch als heutige erkennt.

So erscheinen auch die theatertheoretischen Diskussionen der „Pyramus und Thisbe“ aufführenden Handwerker höchst aktuell.

Der Referent dröselt das kunstvolle, aus vielen Schichten bestehende Gewebe auf. Die Konstanzer Inszenierung setze den Spielen im Spiel ein weiteres Spiel hinzu: Das Ganze wird als Aufführung von Mensch und Elf anlässlich des internationalen „Elfen-Mensch-Tags“ angekündigt, was dem Ganzen den Rahmen gibt. Die Inszenierung setze auf die Komödie, ohne die Abgründe auszublenden. Zum Abschluss stellt Martin Windisch die Frage, ob nicht alles Zettels, des Webers, Traum ist, der Peter Quince bittet, darüber eine Ballade zu schreiben, da ihn selbst das Erlebte sprachlos zurücklässt.

In dem anschließenden Gespräch mit den Mitwirkenden haben die Zuhörenden noch sehr viel Interessantes zu ihrem Verständnis ihrer Rollen erfahren, die Dramaturgin Cordula von Gradulewski gab Einblicke in das Regiekonzept. Jeder Beitrag war ein eigener, kleiner Vortrag.

Es war wieder ein pro.log, der das Erleben der Aufführung bereichert, denn wer mehr weiß, sieht mehr.