Man hätte es wissen können, dass der pro.log auf dem Münsterplatz nicht um 11:00 beginnen würde. Das Glockengeläut des Münster ist heilig, es ist laut und es geht länger als 10 Minuten.
Dr. Martin Windisch führe anschließend durch die Veranstaltung, in deren Mittelpunkt Prof. Dr. Bernd Stieglers Vortrag über den Nosferatustoff stand.
Bernd Stiegler ordnete die Erzählung ein in die Auseinandersetzung zwischen Moderne und Aufklärung auf der einen Seite und der Vormoderne auf der anderen Seite. An dieser Grenzlinie, die seinerzeit durch die Donau bei Budapest markiert wurde, nämlich zwischen Buda und Pest, trennen sich Okzident und Orient, Fortschritt und Rückschritt, Demokratie und Blutsherrschaft. Diese Perspektive erklärt auch die vielen Verweise auf moderne Kommunikationsmittel in Stokers Roman. Es war eine überraschende Sicht auf den Stoff.
Martin Windisch eröffnete die Diskussion mit Fragen zur Aufführung. Bei der Frage nach der Tötungsszene, die unerwartet wenig blutrünstig inszeniert wurde, wurden die Unterschiede zwischen Film und Theater deutlich. Das beste Licht für einen Schauspieler ist immer ein anderer Schauspieler, erläuterte Patrick O. Beck.
Auf die Frage, ob denn der gesellschaftspolitische Hintergrund, den Stiegler ausgebreitet hatte, bei den Proben eine Rolle gespielt habe, sagten die anwesenden Ensemblemitglieder zunächst „eher nein“. Doch Sarah Siri Lee König wies dann darauf hin, dass ihr doch immer die Frage nachgegangen war, wofür genau Mathilde in dem Stück ihr Leben hingegen habe. Letztlich war es wohl zur Rettung des Abendlandes.
Die Zuschauer versuchten die Sonne zu meiden. Nicht vor Angst zu Staub zu zerfallen, wie der Graf Orlok, sondern um der Hitze zu entkommen. Die Denkköder, die Stiegler auswarf, mit seinen Verweisen auf Putin und Ungarn und Afd und so weiter schienen das Publikum nicht zu überraschen.